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Letzte öffentliche Besprechung Rudolf Stibills
Afred
Kolleritsch über Rudolf Stibill
Im Vorwort
der zweiten Auflage der "Vox humana", 1998
Kein zeitlicher
Abschied ist endgültig, solange das Gedächtnis dem Vergessen
widerspricht. 1995 starb Rudolf Stibill in Ostenfeld bei Rendsburg in Schleswig-Holstein,
seiner zweiten Heimat, der er als Lehrer
einer Waldorfschule
tief verbunden war.1955 hat er Graz verlassen. Er war damals der geachtetste
junge Schriftsteller der Stadt. Sein erster Gedichtband, "Vox humana",
erschienen im Verlag Anton Pustet, war in
fast erschreckender
Weise vollendet, das Meisterwerk der Form. ...
...Rudolf
Stibill erreicht mit "Vox humana" die Strömungen des Symbolismus und
des Expressionismus. Er überwindet, wie der von ihm geschätzte
Dichter Julius Franz Schütz (1889-1961), das Regionale. Stibill
erleidet den Auftrag der Dichtung, das Dasein ästetisch zu bewältigen
und zu leben. Nach dem Zusammenbruch des Faschismus, dessen schmutzige
Spuren in seiner Heimat Stibill in seinen biografischen Schriften aufweist,
war die Hinwendung zur Kunst, zum großen Aufbruch der Moderne, gegen
den sich der Faschismus gestellt hatte, existentiell notwendig, reinigend.
Der Wille zur Kunst versuchte die menschliche Stimme wiederzufinden, das
Feld begehbar zu machen für die Auseinandersetzung mit der mörderischen
Vergangenheit. Die Schönheit sollte, vorläufig, die Wahrheit
sein. ...
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